Weitergabe von Kinderpornografie als Beihilfe zum Kindesmissbrauch?

Weitergabe von Kinderpornografie als Beihilfe zum Kindesmissbrauch?

BGH: Verschicken von Kinderpornografie kann gleichzeitig Beteiligung am sexuellen Missbrauch sein

Jemand, der nach Absprache Aufnahmen von sexuellen Kontakten zwischen einem anderen Mann und einem Unter-14jährigen aufzeichnet und verschickt, verstößt nicht nur gegen das Verbot von Kinderpornografie. Er kann auch wegen Beihilfe zum schweren sexuellen Kindesmissbrauch verurteilt werden.

Das hat der Bundesgerichtshof in einer Revisionsentscheidung bestätigt (BGH, 28.04.2021 – 2 StR 47/20). Aufgrund des Urteils wird es noch wichtiger, sich in ähnlich gelagerten Fällen von einem exzellenten Strafverteidiger für Sexualstrafrecht vertreten zu lassen.




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Video-Chats und heimliche Videoaufzeichnung sexueller Handlungen mit Minderjährigen

Der Angeklagte war vom Landgericht Wiesbaden zu drei Jahren Freiheitsstrafe verurteilt worden. Weil sich das Strafverfahren viel zu lang hinausgezögert hatte, galten sechs Monate davon als bereits vollstreckt. Ihm wurden mehrere strafbare Handlungen zur Last gelegt:

  • Er hatte zweimal einen sexuell motivierten Videochat mit einem 13jährigen geführt, ohne zu wissen, dass der Junge jünger als 14 war (mehr zu solchen Konstellationen im Beitrag „Teenager in Wahrheit unter 14: Was sagt das Sexualstrafrecht?“). Er überredete den Jungen, sich auszuziehen und vor der Kamera zu masturbieren, was er heimlich aufzeichnete. Dabei handelte er in Abstimmung mit einem anderen Mann, der in einem anderen Verfahren verurteilt wurde. Diesem schickte er die Video-Dateien.
  • Außerdem nahm er aus der Ferne sexuelle Handlungen auf, die der zweite Mann an und mit einem Zwölfjährigen ausführte. Dabei kam es zu gegenseitigem Oralverkehr und analer Penetration. Die sexuellen Kontakte wurden in der Wohnung des Mittäters ohne Wissen des Jungen durch eine Webcam aufgenommen und per Skype zu dem Angeklagten übertragen. Er schickte die rund anderthalbstündige Aufzeichnung später verabredungsgemäß an den anderen Mann zurück.

Mehrere Straftatbestände erfüllt

Damit hatte der Mann gemäß dem Urteil des Landgerichts vier verschiedene Straftatbestände erfüllt. In Bezug auf den Video-Chat mit dem Dreizehnjährigen waren dies …

Bei der Fern-Videoaufzeichnung der sexuellen Handlungen des anderen Mannes mit dem Zwölfjährigen handelte es sich um …

Der BGH änderte in der Revision den Schuldspruch im einen Fall in Besitzverschaffen jugendpornografischer Schriften um. Ausschlaggebend war, dass die anderen Vorwürfe mittlerweile verjährt waren.

Im zweiten Fall änderte den BGH den Schuldspruch in:

  • schweren sexuellen Missbrauchs eines Kindes in kinderpornographischer Absicht in Tateinheit mit
  • Beihilfe zum schweren sexuellen Missbrauch,
  • mit Besitzverschaffen von kinderpornographischen Schriften
  • und mit Sichverschaffen von kinderpornographischen Schriften.

Auch hier war die Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereiches verjährt.

Das Besondere: Der „Andere“ war bei den sexuellen Handlungen aktiv

Damals wie heute ist es verboten, einer anderen Person kinderpornografische Inhalte zugänglich zu machen und ihr Besitz daran zu verschaffen. Bestraft wird laut Strafgesetzbuch, wer „es unternimmt, einer anderen Person den Besitz von kinderpornographischen Schriften zu verschaffen, die ein tatsächliches oder wirklichkeitsnahes Geschehen wiedergeben.“

Diese Bestimmung war früher fast gleichlautend in § 184b Abs. 2 StGB a. F. zu finden, nun steht sie in § 184b Abs. 1 Nr. 2 StGB.

Das besondere an dem Urteil des Landgerichts: Es hatte den Mann unter anderem dafür bestraft, dass er dem zweiten Mann, der Sex mit dem zwölfjährigen Jungen hatte, den Besitz an der Aufzeichnung dieser sexuellen Handlungen verschafft hatte. Er hatte die per Internet zu ihm übertragenen Bilder abgespeichert und dem zweiten Mann später geschickt. Das wertete das Landgericht als Besitzverschaffen kinderpornografischer Aufnahmen an eine andere Person.

Der Strafverteidiger des Mannes wandte sich in dem Revisionsantrag unter anderem wegen dieses Aspekts an den Bundesgerichtshof. Allerdings ohne Erfolg: Der BGH bestätigte, dass die Besitzverschaffung von Kinderpornografie auch dann strafbar ist, wenn der Handelnde selbst mit den Aufnahmen versorgt wird.

Beihilfe zum Kindesmissbrauch aus der Ferne

Der BGH bestätigte die Verurteilung wegen Beihilfe zu schwerem sexuellen Missbrauch an dem Zwölfjährigen. Der Oralverkehr und die anale Penetration des Kindes waren Missbrauch in schwerer Form. Die Beihilfe bestand im verabredungsgemäßen Aufzeichnen dieser Handlungen.

Zwar gab es zur Tatzeit den Paragrafen 176a StGB in der jetzigen Form noch nicht. Dieser verbietet explizit auch den sexuellen Missbrauch von Kindern ohne Körperkontakt mit dem Kind.

Aber bereits gemäß der damaligen Rechtslage war die Anstiftung oder Beihilfe zum Kindesmissbrauch selbst ohne direkten Kontakt zu dem Kind möglich. Das gilt weiterhin, auch nach aktueller Rechtslage.

Der Angeklagte habe die verbotenen sexuellen Handlungen des anderen Mannes durch das Zusehen und Aufzeichnen “unterstützt und bestärkt”, so der BGH. Außerdem sollten die Aufnahmen verbreitet werden.

Anmerkung: Der Unterschied zwischen Sichverschaffen und Besitzverschaffen von Kinderpornografie und Jugendpornografie

Der Mann im angesprochenen Verfahren wurde nach der früheren Rechtslage im Sexualstrafrecht verurteilt. Inzwischen wurden viele der einschlägigen Paragrafen neu gefasst. Gleichgeblieben ist, dass sowohl das Sichverschaffen wie das Besitzverschaffen von kinderpornografischen Inhalten Sexualstraftatbestände sind. Das Gleiche gilt für das Besitzverschaffen und das Sichverschaffen von Jugendpornografie, d. h. pornografische Inhalte und Aufnahmen von Jugendlichen zwischen dem 14. und 18. Geburtstag.

Von Sichverschaffen beziehungsweise vom Erwerb ist die Rede, wenn jemand die Inhalte in die eigene Verfügungsgewalt bekommt: dann, wenn er sie beliebig aufrufen oder öffnen und ansehen kann. Die typische Form von Sichverschaffen ist ein Download beziehungsweise das Abspeichern: eine selbst veranlasste oder akzeptierte digitale Übertragung mit Speicherung auf einem eigenen Gerät oder einem selbst kontrollierten Speichermedium. Wenn jemand dagegen unbemerkt und aus Versehen kinderpornografische Bilder herunterlädt, liegt kein Sichverschaffen vor.

Das Besitzverschaffen ist ein Auffangtatbestand: das Sichverschaffen setzt das Speichern der kinder- oder jugendpornografischen Inhalte voraus. Für das strafbare Besitzverschaffen genügt es, dass jemand es unternimmt, solche Inhalte zu finden, abzurufen, zu empfangen oder abzuspeichern, oder einer anderen Person die Möglichkeit hierzu zu geben.

Fazit: Weitergabe von Kinderpornographie kann eine strafbare Beteiligung am Kindesmissbrauch darstellen

Das Revisionsurteil des Bundesgerichtshof macht ganz klar: Wenn jemand

  1. Bilder von sexuellen Handlungen an oder mit Kindern verbreitet hat und
  2. diesbezüglich mit den direkt am Missbrauch Beteiligten in Kontakt stand,

dann droht nicht nur eine Verurteilung wegen Verstoß gegen den Kinderpornografie-Paragrafen 184b StGB. Zusätzlich steht der Vorwurf der Beihilfe zum Kindesmissbrauch im Raum.

Damit kann sich die Strafe deutlich erhöhen. Während Kinderpornografie mit Freiheitsstrafen von einem bis zehn Jahren bestraft wird, begrenzt § 176 StGB den Strafrahmen für sexuellen Missbrauch von Kindern nicht nach oben: es wird nur festgelegt, dass die Freiheitsstrafe „nicht unter einem Jahr“ liegen darf.

Umso wichtiger ist es, allen Vorwürfen und Ermittlungsmaßnahmen von Beginn an eine kompetente und durchdachte Strafverteidigung entgegenzusetzen. Wer dem Verdacht von Sexualdelikten an Kindern ausgesetzt ist, benötigt einen ebenso energischen wie erfahrenen Rechtsanwalt für Sexualstrafrecht wie Anwalt Markus Bauer.

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Weitergabe von Kinderpornografie als Beihilfe zum Kindesmissbrauch? Zuletzt aktualisiert: 13.03.2023 von advo_sexualstrafrecht_admin