Der Teenager ist in Wahrheit unter 14: Was sagt das Sexualstrafrecht?

Teenager in Wahrheit unter 14: Was sagt das Sexualstrafrecht

Kind oder Jugendlicher? Der Unterschied kann über Haft oder Freispruch entscheiden

Das Strafrecht zieht eine klare Grenze zwischen Sexualstraftaten gegen Kinder bis einschließlich 13 Jahren und Jugendlichen von 14 Jahren an aufwärts. Doch was gilt, wenn der Beschuldigte nachweislich davon ausging, er hätte es mit einem oder einer Jugendlichen statt mit einem Kind zu tun?

In diesem Fall kann der Beschuldigte nicht wegen sexuellem Missbrauch von Kindern, Kinderpornografie oder einer anderen vorsätzlichen, auf Kinder als Opfer beschränkten Straftat verurteilt werden. Das hat der Bundesgerichtshof vor kurzem erneut deutlich gemacht.




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Zwei Beispiele: Sexueller Missbrauch von Kindern und Jugendlichen, und Kinderpornografie vs. Jugendpornografie

Grundsätzlich gilt: eine Sexualstraftat gegen Kinder bis 13 Jahre wird härter bestraft, als wenn die Opfer Jugendliche zwischen 14 und 18 sind. Bestimmte Tatbestände sind überhaupt nur strafbar, wenn es um Kinder geht, nicht aber bei Jugendlichen.

Die Altersgrenze zwischen Kindern und Jugendlichen, das vollendete vierzehnte Lebensjahr, kann den Unterschied zwischen Freispruch und Verurteilung bedeuten, oder zwischen Geldstrafe und Haftstrafe. Zwei Beispiele aus dem Strafgesetzbuch zeigen, welche Bedeutung sie hat.

Im Fall des Geschlechtsverkehrs:

  • Einvernehmlicher Geschlechtsverkehr von Volljährigen mit einer Person zwischen 14 und 18 ist in vielen Fällen zulässig. Strafbar ist er, wenn dafür bezahlt wird, wenn eine Zwangslage ausgenutzt wird oder wenn jemand, der 21 oder älter ist, die mangelnde persönliche Reife von Jugendlichen unter 16 missbraucht. So steht es in § 182 StGB zum sexuellen Missbrauch von Jugendlichen.
  • Dagegen ist Geschlechtsverkehr eines Volljährigen mit Kindern unter 14 immer strafbar. Er fällt unter § 176c Abs. 1 Nr. 2 StGB und erfüllt den Straftatbestand des schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern.

Bei Besitz von und Handel mit pornografischen Aufnahmen:

Übrigens spielt auch auf Seiten des Angeklagten das Alter eine Rolle: minderjährige Angeklagte können bei Sexualdelikten in aller Regel mit geringeren Strafen rechnen als Erwachsene. Nicht selten werden die Verfahren sogar eingestellt.

„Ich ging davon aus, dass er 14 ist“: Was, wenn ein Kind sich älter macht?

Was passiert, wenn ein Erwachsener für Sexualdelikte angeklagt wird, deren Opfer er für 14 und damit einen Jugendlichen hielt, obwohl es sich in Wahrheit um ein Kind von 13 handelte? Das zeigt eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom Oktober 2022 (BGH, 4 StR 168/21 – 19.10.2022).

Ein Erwachsener stand im Ruhrgebiet wegen einer Vielzahl von Anklagepunkten vor dem Richter. Ihm wurden unter anderem Menschenhandel zum Zwecke der sexuellen Ausbeutung, die Förderung sexueller Handlungen Minderjähriger sowie Herstellung, Besitz und Verschaffung von kinder- und jugendpornografischen Schriften zur Last gelegt. Das Urteil des Landgerichts Bochum lautete auf eine Freiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten.

Einer der Punkte betraf Video-Chats mit einem Dreizehnjährigen. Der Angeklagte hatte diesen zunächst dazu gebracht, seinen Penis zu zeigen. Einige Monate später bewegte er das Kind, vor der Kamera zu masturbieren. Dabei nahm er den 13-jährigen heimlich auf.

Das Besondere an diesem Tatbestand: Der Angeklagte war der Überzeugung, der von ihm gefilmte Junge sei 14. Das glaubten ihm die Bochumer Richter auch. Deshalb wurde er in diesem Punkt wegen Herstellung von Jugendpornografie verurteilt, nicht von Kinderpornografie.

Kind wird für Jugendlichen gehalten: Tatbestandsirrtum oder nicht?

Dabei stützte sich das Landgericht auf § 16 Abs. 2 StGB. Diese Vorschrift schreibt mildere Strafen bei einem „Irrtum über die Tatumstände“ vor: Wer glaubt, dass er „den Tatbestand eines milderen Gesetzes“ verwirklicht, kann nur gemäß diesem milderen Gesetz bestraft werden. Die Bochumer Richter sahen § 184c StGB a. F. (Jugendpornografie) gegenüber § 184b a. F. (Kinderpornografie) als „milderes Gesetz“.

Doch das war nach Ansicht des 4. Strafsenats am Bundesgerichtshof in Karlsruhe falsch. Dort befasste man sich mit dem Fall, weil die Strafverteidiger des Angeklagten Revisionsantrag gestellt hatten. Die Revision führte dazu, dass das Filmen des masturbierenden 13-jährigen vom „Herstellen jugendpornografischer Schriften“ zum Versuchstatbestand wurde.

Kein „milderes Gesetz“ bei vermeintlicher Jugendpornografie statt Kinderpornografie

Der Jugendpornografie-Paragraf kann der BGH-Entscheidung zufolge nicht als „milderes Gesetz“ gegenüber dem Kinderpornografie-Paragrafen gelten. Die Strafnormen zu Kinder- und Jugendpornografie stehen in einem anderen Verhältnis zueinander: Sie sind alternative Delikte, wobei das Delikt des Herstellens, Handels oder Verschaffens von Kinderpornografie schwerer wiegt als bei Jugendpornografie.

Da der Mann tatsächlich nicht wusste, dass er ein Kind vor sich hatte, änderte der BGH den Straftatbestand in diesem Punkt um in versuchte Herstellung jugendpornografischer Inhalte.

Der Angeklagte hielt das Kind für 14 oder älter? Dann kann er nicht für eine Tat gegen ein Kind bestraft werden

Der entscheidender Punkt für viele Fälle von Anklagen wegen Sexualstraftaten gegen Minderjährige findet sich in folgendem Zitat aus der Entscheidungsbegründung:

„Eine Strafbarkeit des Angeklagten wegen Herstellens kinderpornographischer Schriften … scheidet aufgrund der Fehlvorstellung des Angeklagten über das Alter des Geschädigten daher gemäß § 16 Abs. 1 StGB aus.“

Wenn der Strafverteidiger nachweisen kann, dass ein Angeklagter nicht wusste, dass er es mit einem Kind unter 14 statt mit einem Jugendlichen zu tun hatte, dann kann das Gericht den Betreffenden nicht wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern verurteilen, sondern maximal wegen versuchtem sexuellem Missbrauchs von Jugendlichen.

Läuft es statt einer Verurteilung wegen Handels oder Herstellens von Kinderpornografie auf versuchten Handel oder versuchtes Herstellen von Jugendpornografie hinaus, ist das ein entscheidender Unterschied!

Entscheidend ist allerdings auch die Qualität der Strafverteidigung. Ein erfahrener Strafverteidiger weiß um diese Unterschied – und er hat die nötige Erfahrung, um die entscheidenden Fakten im Strafprozess wirksam herauszuarbeiten.

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Teenager in Wahrheit unter 14: Was sagt das Sexualstrafrecht Zuletzt aktualisiert: 25.01.2023 von advo_sexualstrafrecht_admin