Das Bundesverfassungsgericht soll prüfen: Ist der verschärfte Kinderpornografie-Paragraf verfassungswidrig?

Kinderpornografie-Paragraf (§184 b StGB) verfassungswidrig?

Kinderpornografie: Die Strafverschärfung kommt auf den Prüfstand des Bundesverfassungsgerichts.

Ein Münchner Amtsrichter hat Zweifel, ob § 184b Strafgesetzbuch verfassungsgemäß ist. Dieser Paragraf stellt Erwerb, Besitz und Verbreitung von Kinderpornografie unter Strafe und wurde vor etwas mehr als einem Jahr drastisch verschärft. Der Amtsrichter hat die Frage der Verfassungsmäßigkeit dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe vorgelegt. Der Fall, über den er zu entscheiden hat, bleibt bis zur dortigen Entscheidung ausgesetzt. Es gibt gute Gründe anzunehmen, dass die Karlsruher Richter die Bedenken an der Verfassungskonformität der verschärften Fassung teilen.

Ausgesetzt wird zwar nur der Prozess in München. Trotzdem kann sich die Vorlage nach Karlsruhe auf viele andere Angeschuldigte auswirken, die mit einem Strafverfahren wegen Kinderpornografie konfrontiert sind oder in den letzten Monaten waren. Hält das Bundesverfassungsgericht den verschärften § 184b StGB für verfassungswidrig ist, ist er nichtig. Und dann können Verfahren wiederaufgenommen werden, die auf seiner Grundlage zur Verurteilung wegen Kinderpornografie geführt haben. Markus Bauer weiß als ausgewiesener Rechtsanwalt für Sexualstrafrecht, was zu tun ist.




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RA Markus Bauer Anwalt für Sexualstrafrecht



Die große Verschärfung des Sexualstrafrechts zur Kinderpornografie …

Große, schlagzeilenträchtige Missbrauchsfälle wie in Lügde, Bergisch-Gladbach sowie Münster in Nordrhein-Westfalen und Staufen in Baden-Württemberg waren einer der Gründe für die Verschärfung des Sexualstrafrechts im Sommer 2021. Das „Gesetz zur Bekämpfung sexualisierter Gewalt gegen Kinder“ erhöhte die Strafen für den Besitz und die Verbreitung kinderpornografischer Materialien. Außerdem verschärfte und differenzierte es die strafrechtlichen Regelungen zu verschiedenen Formen des Kindesmissbrauchs.

Seither steht auf Verbreitung, Erwerb und Besitz kinderpornographischer Inhalte eine Mindeststrafe von einem Jahr, außer bei erkennbar nicht realistischen Darstellungen wie Zeichnungen oder animierten Filmen. Die Anhebung der Mindeststrafe wiederum bedeutet, dass bei diesem Vorwurf die Verfahrenseinstellung wegen Geringfügigkeit ausgeschlossen wurde, genau wie die früher mögliche Geldstrafe. Nun steht grundsätzlich eine Freiheitsstrafe im Raum, wenn unter dem Tatvorwurf „KiPo“ ermittelt wird. Und ermitteln müssen Polizei und Staatsanwaltschaft jetzt in jedem Fall, in denen ein hinreichender Tatverdacht besteht. Außerdem muss Anklage erhoben werden.

… hat sich in Praxis nicht bewährt: das Ergebnis sind überlastete Staatsanwälte

Was immer die politischen Ziele bei der Gesetzesänderung waren: In der Praxis sind ihre Folgen äußerst umstritten. So müssen die Staatsanwaltschaften immer mehr Verfahren gegen Minderjährige führen, selbst wenn diese nur ein „Dick pick“ online weitergeleitet oder empfangen hatten. Nach alter Rechtslage hätte der Staatsanwalt viele dieser Fälle ohne Anklageerhebung und vor der Hauptverhandlung eingestellt, wegen Geringfügigkeit oder gegen Strafbefehl. Das ist nun nicht mehr möglich. Die zuständigen Abteilungen der Staatsanwaltschaften werden ebenso überlastet wie die Strafgerichte.

Man hätte es vorher wissen können. Bei einer Sachverständigen-Anhörung im Rechtsausschuss des Bundestages hatten namhafte Strafrechtsexperten deutliche Kritik an der geplanten Gesetzesänderung geübt. Die Anhebung der Mindeststrafandrohung des § 184b StGB führe zu „einer undifferenzierten Gleichstellung aller Tathandlungsvarianten“. Für „Täter, die … einer unbeschränkten Personenanzahl massenhaft kinderpornographische Schriften zur Verfügung stellen“, gelte dieselbe Mindeststrafe wie für jemand, der einmal erfolglos versuche, „ein einzelnes kinderpornographisches Posingbild im Internet abzurufen.“ Diesen klaren Hinweis auf die „Missverhältnisse“ der neuen Regelung äußerte nicht etwa ein Strafverteidiger, sondern Dr. Julia Bussweiler von der Generalstaatsanwaltschaft in Frankfurt am Main.

Auch Barbara Stockinger vom Deutschen Richterbund sah die Gesetzesänderung von vornherein kritisch. Die Strafverschärfungen könnten den Schutz vor sexualisierter Gewalt gegen Kinder nicht verbessern, die „pauschale Einstufung der Straftatbestände der Kinderpornographie als Verbrechen“ führe zu Wertungswidersprüchen.

Kommt die Reform der Reform des Sexualstrafrechts?

Auf der diesjährigen Herbst-Justizministerkonferenz dürften die Justizminister der Bundesländer wohl ein Votum zur Entschärfung des Kinderpornografie-Paragrafen (§ 184b StGB) beschließen. Die Mindeststrafe für den Besitz von Kinderpornografie soll wieder unter einem Jahr Freiheitsstrafe liegen, das Delikt vom Verbrechen zum Vergehen zurückgestuft und eine Regelung für minderschwere Fälle eingefügt werden. Die Justizministerin von Brandenburg und die Justizsenatorin aus Hamburg haben einen entsprechenden Antrag angekündigt. Ihre Kollegen aus Erfurt, München und Düsseldorf haben bereits Zustimmung signalisiert.

Das wäre ein deutliches Zeichen an den Bundesjustizminister, den Schaden einer undurchdachten Gesetzesänderung zu begrenzen und die Reform der Reform auf den Weg zu bringen.

Für die vielen Tatverdächtigen und Angeklagten, die selbst bei Taten minderer Schwere oder im Grenzbereich der Strafbarkeit zum Ziel eines Ermittlungsverfahrens mit entsprechenden Ermittlungsmaßnahmen samt Hauptsacheverfahren wurden, wird das allerdings ein schwacher Trost sein.

§ 184b StGB – unverhältnismäßig und verfassungswidrig?

Die Unverhältnismäßigkeit des § 184b StGB haben einen Amtsrichter am Amtsgericht München dazu veranlasst, die Strafnorm dem Bundesverfassungsgericht zur Prüfung vorzulegen. Er äußerte verfassungsrechtliche Bedenken, weil in dem Paragrafen „ein minder schwerer Fall nicht enthalten ist und daher die Mindeststrafe von 1 Jahr für den denkbar harmlosesten Fall zu verhängen ist“. Die Bewertung des Amtsrichters: „Der Gesetzgeber ist bei der Änderung aus Sicht des Unterzeichners weit über das Ziel hinausgeschossen.“ (AG München, 17.06.2022 – 853 Ls 467 Js 181486/21).

Die Bedenken des Münchner Amtsrichters bezüglich der Verfassungsmäßigkeit der geltenden Regelungen zur Kinderpornografie werden von vielen Strafrechtsexperten geteilt. Es zeichnet sich ab, dass der Kinderpornografie-Paragraf 184b Strafgesetzbuch in einiger Zeit wieder entschärft sein dürfte – entweder von den Karlsruher Richtern oder durch den Bundestag. Sollte das Bundesverfassungsgericht die Regelung für nichtig erklären, kann Markus Bauer die Wiederaufnahme von Verfahren wegen Kinderpornografie beantragen, die nach verschärfter Rechtslage entschieden wurden, und so ein neues Urteil erwirken.

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Kinderpornografie-Paragraf (§184 b StGB) verfassungswidrig? Zuletzt aktualisiert: 09.11.2022 von advo_sexualstrafrecht_admin